Unser Dorfplatz Annenwalde, Vorwerk Annenwalde, Densow, Alt und Neu Placht
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5.8 Gemeindeschulzen und Bürgermeister

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5.8 Gemeindeschulzen und Bürgermeister


Ganz Gegensatz zu heute wurde früher zumindest bei den Bürgermeistern sehr wenig geschrieben. Es wa­ren daher alte dörfliche Akten kaum vorhanden. So kann ich über die Bürgermeister vergangener Zeiten nur wenig mehr als die Namen feststellen, wobei nicht sicher ist, daß ich alle Namen erfaßt habe. Die Amtsbezeichnung Bürgermeister ist auch erst jüngeren Datums. Bis etwa 1920 hießen diese Leute die Schulzen-Gemeindeschulzen. Niederdeutsch also "de Schulte". Das Wort Schulte war eine Kürzung des Wortes Schultheiß. Das war in früheren Jahrhunderten der Mann, der für den Landesfürsten die Schuld, d.h. die Abgaben und Steuern zu heischen, also zu fordern und einzuziehen hatte. Vielfach war dieser Schulte Besitzer einer größeren Wirtschaft, des Lehnschulzengutes, und sein Amt war erblich. Ein Beispiel dafür hatten wir in Densow. Hier gehörte das Lehnschul­zengut durch rund zweihundert Jahre der Familie Stabe. In Annenwalde wurde dem Gründer der Glashütte von vorn­herein die Anlegung eines Vorwerks, also eines Gutsbe­triebes eingeräumt. Hier gab es kein erbliches Lehnschulzenamt. Der Ausdruck Schulte ist etwa nach 1930 in Annenwalde kaum noch gebraucht worden. Dagegen ist es im Nachbardorf Beutel, wo man noch sehr viel mehr plattdeutsch sprach als in Annenwalde, weit länger und häufiger üblich gewesen, den Ausdruck "Schulte" zu ge­brauchen. Ein schon leicht verwittertes Brett mit der Aufschrift "Schulzen-Amt" war noch mindestens bis 1934 neben der Eingangstür am Gehöft des Bauern und Bürger­meisters Soff befestigt. Als Entschädigung für seine Mühe und seinen Zeitaufwand stand dem Schulzen die Nut­zung des Schulzenackers und der Schulzenwiese zu. Der Schulzenacker lag links am Densower Weg. Es war ein recht sandiges Stück, das am Ende in eine richtige Düne auslief. Die Schulzenwiese war ein Stück der Büdner­wiesen unweit vom Großen Krams-See.

Nachstehend eine Aufstellung der Namen, die ich vor­wiegend aus den Kirchenbüchern gefunden habe. Ich gebe gleich an, aus welchem Anlaß der Name vermerkt wurde.

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1780 Andreas Drummer, Krüger und Schulze, ihm stirbt ein Sohn

1806 Der Krüger und Gerichtsschulze Drummer stirbt

1806 der Garnwebermeister Werdermann ist Schulze

1824 Friedrich Werner, Dorf- und Gerichtsschulze, wird getraut

1836 der Schulze Bölkow unterschreibt eine Kirchensteuerliste

1841 dem Schulzen Bölkow stirbt die Frau

1849 dem Schulzen Bölkow stirbt eine Tochter

1850 dem Schulzen Joh. Carl Friedr. Bölkow stirbt die Frau

1857 dem Schulzen Carl Bölkow sterben zwei Söhne
1866 der Schulze Grähn, unterschreibt einen Rezeß in der Bauholz-Ablösungssache

1875 ist der Stellmachermeister Benzin Schulze

1898-1919 der Gastwirt Wilhelm Schmidt ist Schulze

1919-1926 der Schmiedemeister Otto Rönnpagel ist Schulze

1926-1932 der Landwirt Hermann Bohm jun. ist Schulze

1932-1945 der Schmiedemeister Otto Rönnpagel ist Schulze


 

Obwohl es in der Zeit der Weimarer Republik, also nach dem ersten Weltkrieg, in Annenwalde keine Ortsgruppe einer der damals bestehenden vielen Parteien gab, so bestanden doch zwei Gruppen im Dorf, von denen die eine zu Bohm, die andere zu Rönnpagel hielt. Die kleinen Gegensätze waren nicht sachlicher sondern rein persönlicher Natur und entzündeten sich vorwiegend, wenn wieder einmal die Gemeinde­vertretung neu zu Wählen war. Zwischen den beiden Haupt­personen bestanden sogar noch verwandtschaftliche Bezie­hungen. Als Bohm 1932 nicht wiedergewählt wurde, schaffte er sich die notwendige Resonanz, ohne die er nun einmal nicht leben konnte, indem er sich 1933 an die Spitze des immer recht klein gebliebenen Häufleins der NSDAP-Mit­glieder setzte. Er hat diese und die ihm noch viel wichtiger erscheinende Funktion des Ortsbauernführers bis zum Ende der unseligen Bewegung ausgeübt.

Die Tätigkeit des Bürgermeisters erlangte während der Zeit des Faschismus auch im kleinsten Dorf eine immer größere Bedeutung. Denn in der Vorbereitung des Krieges, angefangen bei der Wiedereinführung der allge­meinen Wehrpflicht, war jeder Bürgermeister ein wichtiges Rädchen. Damit er im eingeplanten Ernstfall schnell er­reichbar war, erhielt er auch ein eigenes Telefon. Bis dahin führte er die wenigen notwendigen Gespräche von

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der öffentlichen Fernsprechstelle, die sich bei der Post­hilfsstelle im Gasthof befand. Dort hing an der Wand ein brauner Kasten mit der Sprechmuschel. Man nahm die Hörmu­schel, die durch ein dünnes Kabel mit dem Apparat verbun­den war, ab und drehte an einer Kurbel. Dann meldete sich, manchmal erst nach erheblicher Wartezeit, die Vermittlung in Templin. Sie verband mit dem gewünschten Teilnehmer. Der beim Bürgermeister angelegte Apparat aber hatte für die Ortsgespräche schon den Selbstwählverkehr.

Für seine umfangreicher werdende Tätigkeit erhielt der Bürgermeister jetzt auch schon eine Geldentschädi­gung. Als ab 1939 die Lebensmittelkarten ausgegeben wur­den, mußte auch noch eine Hilfskraft eingestellt werden.

Nach der Besetzung durch sowjetische Truppen im April 1945 ernannte der für den Ort zuständige Offizier einen Herrn Lax Lorenz zum Bürgermeister. Der stammte wohl aus Annenwalde, hatte aber immer in Bredereiche in der Pappen­fabrik gearbeitet. Nebenbei hatte er auch Tanzmusik gemacht. Seine Hauptaufgabe bestand darin, die im Dorf vor­handenen Frauen zu allerlei Arbeiten für die Besatzungs­truppen heranzuziehen. Bei ihm wurde das wenige Mehl ausgegeben, aus dem sich die Hausfrauen dann selbst ihr Brot backen mußten. Hier erhielt man auch die winzigen Porti­onen Butter, die manchmal verteilt wurden. Zum Glück war noch ein alter Stempel erhalten geblieben mit der Auf­schrift: Der Bürgermeister der Gemeinde Annenwalde. Da­mit konnte man die Ausweise stempeln, die auf alte For­mulare für jeden Einwohner geschrieben wurden. Ein Pa­pier mit einem Stempel oder gar zweien war damals ein sehr wichtiges Dokument. Aber die ungeheuer schwierigen Aufgaben jener turbulenten und trüben Zeit konnte der Herr Lorenz nicht meistern. Sein Nachfolger wurde im November 1945 ein Herr Helmut Kleeschulte, der erst seit 1944 in Annenwalde ansässig war. Als Kriegsbeschädigter (er hatte die linke Hand verloren) war er zu seinem nach Annenwalde verzogenen Vater gekommen. (s. S. 57) Zu seiner Zeit fand im Sommer 1946 auch wieder die erste Wahl zu einer Gemeindevertretung statt, wie sie die SMAD [sowjetische Militäradministration in Deutschland] für die sowjetische Besatzungszone zugelassen hatte. Diesmal gab es aber im Ort nicht zwei Gruppen sondern

[S. 146-149 fehlen]

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Verzeichnis der in Annenwalde tätig gewesenen Bürgermeister


 

um 1780 Andreas Drummer (Drümmer)

um 1806 Werderalarm

ui: 1824 Friedrich Werner

um 1836 Bölkow

1850 Joh. Carl Friedrich Bölkow

um 1866 Carl Benzin

1898-1919 Wilhelm Schmidt

1519-192G Otto Rönnpagel

1926-1933 Hermann Bohm

1933-1945 Otto Rönnpagel

1945 Max Lorenz

1945-1947 Helmut Kleeschulte

1947-1948 Franz Theelke

1948-1950 Willi Eßer

1950-1951 Heinz Stoyke

1951-1956 Willi Ehling

1956-1957 Bräunlich

1957-1961 Willi Eßer

1961-1965 Erwin Thormann

1965- 1973 Helene Schoenrock

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