Unser Dorfplatz Annenwalde, Vorwerk Annenwalde, Densow, Alt und Neu Placht
 Unser DorfplatzAnnenwalde, Vorwerk Annenwalde, Densow, Alt und Neu Placht

13: Ut de Franzosentid

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13. Ut de Franzosentid

 

Die Überschrift soll keineswegs ein Hinweis darauf sein, daß Fritz Reuter (von dem die Überschrift entlehnt ist) in Annenwalde eine Art Heimatdichter wäre. Es sind nur ganz wenige, die ihn verstehen würden, noch weniger, die ihn lesen könnten.

Aber das nur nebenbei.

Die Zeit zwischen 1806 und 1813 pflegt man als die Franzosenzeit zu bezeichnen, da zu jener Zeit französisches Militär als Sieger im Lande war. Wie schwer die Zeit z.B. auch für die Stadt Templin war, darüber berichtet Philipp in seiner "Geschiche der Stadt Templin" (Seite 203-218). Es ist aber nichts gesagt, wie weit die feindlichen Truppen auch bis in die entlegenen "Buschdörfer" Annenwalde, Densow, Beutel gekommen sind.

Wir dürfen nicht vergessen, daß die heutige Straße Templin‑Densow-Lychen noch nicht bestand. Noch war die alte Poststraße Templin-Alt Placht-Lychen der Hauptweg. Nur Waldwege führten von dieser Straße nach Densow. Von Annenwalde nach Densow bestand nur jener Fußweg am Rand der Wiesen entlang

zum Densower Teerofen. So war Annenwalde wohl ein Ort, bis zu dem höchstens "ein Klang der aufgeregten Zeit" drang. Nun gab es damals wie auch in andern ähnlich gelagerten Zeiten Leute, die solche abgelegenen Orte suchten. Zudem scheint der Herr Gutsbesitzer Brockes (es war in jenen Jahren der Carl Christoph Brockes von 1804 bis 1813), ein offenes Haus

geführt zu haben. Jedenfalls ist erstaunlich, für wieviel adlige Herrschaften Ahnenwalde Zufluchtsort wurde. Dabei wissen wir nur von denen, die wegen einer kirchlichen Handlung im Kirchenbuch genannt werden. Ich habe mir folgende Beispiele herausgesucht.


 

Im November 1806 erschießt sich "der Zymdal, ehemals Kammerdiener beim Prinzen Heinrich, 38 Jahr alt."

1808 stirbt ein Sohn des "hier zu Annenwlde wohnenden Carl Heinrich v. Block, z.Zt. Lieutnant bei der Grade [sic] in Königsberg i. Pr." Das Kind wird allerdings im Erbbegräbnis in Ringenwalde beigesetzt.

1809 stirbt ein Frl. Charlotte Sophie v. Holzendorf, 69 Jahr

alt, an Entkräftung. Im gleichen Jahr stirbt hier der Lieutnant Alexander Friedrich August v. Schoenermark im Inf. Rgt. Prinz Heinrich v. Preußen, 23 Jahr alt.

 

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Seine Mutter könnte gewesen sein die verwitwete Frau Haupt­mann v. Schoenermark geb. v. Barfuß, die 1810 an einer Lungen­krankheit im Alter von 56 Jahren stirbt.

1810 stirbt hier auch der Capitain im Rgt. Herzog v. Oels Wilhelm v. Otto.

1811 wird vom Tod einer Friederique Wilhelmine Louise v. Döring geb. v. Greiffenberg berichtet. Sie stirbt im Alter von 33 Jahren nach einer Entbindung.

Im Gutshause lebt auch die Demoiselle Uhle (eine Schwester der Gutsherrin?), die im Februar 1815 von einem Sohn entbun­den wird (unehelich). Vater ist der Leutnant v. Döring (Wit­wer der 1811 verstorbenen Friederique v. Döring?)

Es ist kaum anzunehmen, daß die Verstorbenen allein und verlassen hier in Annenwalde waren. Man darf annehmen, daß sich bei ihnen auch noch der eine oder andere Angehörige befand. Das nun schon rund .50 Jahre alte Gutshaus war auch nicht übermäßig groß. Selbst wenn das sogenannte Henricische Erbenhaus (Dorfstr. 12) noch benutzt wurde, blieb der Platz beengt. Es ist natürlich nicht festzustellen, aus welchem Grunde der Herr Brockes die Gäste bei sich aufnahm oder welche Absich­ten er damit verfolgte.

Aber auch sonst schien Annenwalde in jener Zeit eine Art Mittelpunkt zu sein. Im Verlaufe der Befreiungskriege war in Preußen der sogenannte Landsturm gebildet worden. Das 36. uckermärkische Bataillon umfaßte alle Gemeinden von Alt- und Neu Placht bis Bredereiche und Zootzen und südlich bis Hammelspring und Storkow. In irgendwelchen Schlachten trat dieser Landsturm allerdings nicht sehr in Aktion. Nachdem im Mai 1814 der erste Pariser Friede geschlossen und Napo­leon auf die Insel Elba verbannt war, beschloß man innerhalb des Bezirks dieses Landsturm-Bataillons den Frieden auf eine würdige Art zu feiern. Am 18.12.1814 kamen Abgesandte aller Dörfer dieses Bereiches in Annenwalde zu einer Feier zusammen. Dabei wurden im Garten der verwitweten Madame Brockes (der anfangs genannte Gutsherr Carl Christoph Brockes war am 5.2.1813 gestorben) 3 Eichen gepflanzt. Über die Feier wurde ein langes Protokoll aufgesetzt, das in der Kirchenregistratur aufbewahrt werden sollte. Eine Abschrift dieses Protokolls findet sich anliegend. Eine weitere Abschrift fand sich auch in der Beilage zum

 

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"Templiner Kreisblatt" "Unsere Heimat" vom 3.9.1938.

Der Garten, in dem die 3 Eichen gepflanzt wurden, war das Gelände vor dem Gutshaus. Die Kirche bestand zu der Zeit noch nicht. Auch die breite Lindenallee, die rechtwinklig auf das Gutshaus zuführte, wurde erst später angelegt. Damals ging die Zufahrt zum Gutshaus schräg über den heutigen Kirchplatz. Von den 3 Eichen wird nie wieder etwas erwähnt. Sie scheinen nicht sehr groß geworden zu sein. Die Eiche, die noch heute vor der Kirche steht, ist erst nach dem Kriege von 1870/71 gepflanzt worden.


 

Es ist eigenartig, daß in dem genannten Protokoll keine Rede ist von einer Fahne, obwohl doch eine vorhanden war. Wir wis­sen davon durch eine Nachricht im "Templiner Kreisblatt" vom 25. Mai 1893. Es heißt da:

"Zu den Erinnerungen an die Volksbewaffnung von 1313 schenk­te Herr Reiche dem Märkischen Museum eine Landsturmfahne. Sie ist von weißer Seide mit gelben Franzen; aufgemahlt ist der preußische Adler mit einem Wappen, dessen Schild eine Taube mit Ölzweig und einen Anker zeigt, während ein Ritter mit Anker die Helmzier bildet. Zur Rechten des Adlers ist ein Schwert mit Eichen- und Palmenzweig, zur Linken ein gerades rothes Kreuz mit Lorbeerzweig gemalt. Die Inschrift lautet: "Sieg oder Tod!" Für Gott, König und Vaterland! Annenwalde­scher Landsturm im Jahre 1813. Amalie Brockes."

 

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Verhandelt, Annenwalde, den 18.12.1814

 

In Frankreich schwang sich ein korsischer Edelmann Napoleon Bonaparte auf den Thron, und legte sich unter falschen Vorspie­gelungen die Würde eines Kaisers bei. Kaum hatte er den Thron bestiegen, derselbe war auf Ewigkeitsgrundsätzen gebaut, so warf er die Maske ab, und sein Plan ging dahin, Europa zu unterwerfen. Er knüpfte mit dieser und jener europischen Macht Kriege en, und besiegte eine jede einzelne Macht. Auch dieses harte Ge­schick traf Preußen in Jahre 1806. Bei Jena und Auerstädt ward Preussens Heer durch Napoleons Uebermacht besiegt und zerstreut. Die Reste der Armee irrten ohne Anführer, die Vestungen fielen durch die Mutlosigkeit, und nur wenige behaupteten Preussens an­erkannt Tapferkeit. Der Krieg spielet sich nach Preussen hin, und mit Allianz der Russen ward er bis zum Juli 1807 fortge­setzt. Nun wurde Friede geschlossen‚ und jeder Deutsche hatte die Ruhe des Friedens zu geniessen. Napoleon aber brach den Frieden, und wenn Preussen noch nicht gelitten hatte, so litt es erst jetzt. Napoleon besetzte die Festungen Preussens und sog die Untertanen der Mark aus, seine Absicht ging dahin, Preussen ohnmächtig zu machen. Dem Anschein nach erreichte er auch sei­nen Zweck. Im Jahre 1811 überzog Napoleon das kollosalische Russland mit Krieg, allein hier scheiterte sein Plan. Die Elemente und Russlands Beharrlichkeit vernichteten grösstenteils die furchtbare Heeresmacht des Welteroberers. Er selbst musste fliehen, und floh. Allein statt in sich zu gehen, und sich auf Frankreich zu beschränken, setzte er den Krieg fort. Er sammel­te in Frankreich und in den verbündeten Staaten neue Kräfte. Preussen und Oesterreich mussten sich Frankreich gegen Russland, um nicht Thron und Szepter zu verlieren, verbinden. Nach der erlittenen Niederlage der Heeresnacht wünschten die Monarchen dieser beiden Nationen, Europa endlich einmal den Frieden wiederzugeben. Vergebens blieben ihre Versuche bei dem Tyrannen. Preussen hatte beinahe die Hälfte des Landes verlo­ren und ward von Frankreich schändlich verhöhnt. Endlich er­wachte Preussens Tugend und Stolz. Der König Friedrich Wilhelem III. und sein Volk wollten das schwere Joch abschütteln, die ganze Nation stand auf, griff zu den Waffen und wollte eher den Tod als das französische schwere Joch.

Ein jeder Bewohner des Staates konnte nicht gegen den Feind in das Ausland ziehen, dazu war des stehende Heer und die Landwehr. Sollte aber der Feind Preussens Staaten betreten,

 

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und grünem Kranz geziert waren versammelt worden. Die 3 Eichen wurden von dem versammelten Landsturm und den Mädchen herbeigeholt, in den neuen Garten der verwitweten Gutsbesitzerin Brockes, und zwar in die Mitte gefahren.
Hier wurden sie in der Form eines Triangels unter drei Sal­ven der Landsturmschützen eingepflanzt. Nachdem dieses ge­schehen, hielt der Bataillonsprediger, Herr Oberprediger Sitas eine der Handlung angemessene Rede. Der Der [sic] Bataillonschef selbst hielt ebenfalls eine Ansprache an sein Bataillon, worin er für die Treue, Anhänglichkeit und Vaterlandsliebe dankte, und hierauf brachte er die Gesundheit unsers allver­ehrten Königs, welcher nicht allein der versammelte Landsturm, sondern auch die heute besonders eingeladenen Gäste und die versammelte Volkmenge bestimmte, aus. Drei Salven Begleiteten das Vivat.

Die drei Eichen wurden getauft: Weisheit-Tugend-Stärke. Nachdem der Oberprediger Herr Sitas diese heilige Stätte eingeweiht hatte, machte das Volkslied Heil Dir im Siegerkranz den Beschluss dieser Handlung.

Die eingeladene Gesellschaft verfügte sich hierauf in das große Büdnerhaus der Verw. Mad. Brockes, um ein fröhliches Mahl einzunehmen. Die Landsturmmänner wurden ebenfalls be­wirtet, und frohlockend kehrten sie in ihre Wohnung zurück. Zu Andenken für die Nachwelt ist diese Verhandlung von dem hiesigen Gerichthalter und Landsturm-Auditeur aufgenommen worden und soll sie bei der hiesigen Kirchenregistratur aufbewahrt werden. Es ist hierauf das Protokoll von sämtlichen Innenbenannten unterschrieben worden und mit dem Annenwaldi­schen Gerichtssiegel versehen worden.


 

a. u. s.

Eichstädt Gerlich K. Brockes

Ancion Jeckel Görnemann

Beversdorff Sitas


 

(Siegel)


 

Gross Fiscal und Justiz

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