Unser Dorfplatz Annenwalde, Vorwerk Annenwalde, Densow, Alt und Neu Placht
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12.9: Zur Geschichte der Mühle von Annenwalde

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12.9 Zur Geschichte der Mühle in Annenwalde

 

Auch noch im 18. Jahrhundert war die Kartoffel kein so unentbehrliches Nahrungsmittel wie heute. Getreideer­zeugnisse (Mehl und bei den ärmeren Schichten Schrot, aber besonders Grütze) bildeten demals die Grundnah­rung. Um diese Erzeugnisse herzustellen, war die Mühle eine wichtige Produktionsstätte. So finden wir in fast allen Dörfern unsers Bereiches eine, manchmal sogar zwei Windmühlen. Eine Ausnahme bildete nur Beutel. Hier gab es wohl viele Ansätze und Vorhaben, eine Wasser­mühle anzulegen, aber es ist nie dazu gekommen. In einem der vielen Schreiben in dieser Angelegenheit aus dem Jahre 1764 (s. Chronik Beutel, S. 24) wird behauptet, daß in früheren Zeiten schon an der Gallen-­Bek eine Wassermühle gestanden hatte, deren Rudera noch zu sehen wären. Sonst gab es trotz des Wasser­reichtums außer in Templin und Lychen in der näheren Umgebung keine Wassermühlen. Windmühlen gab es eine in Densow, zwei in Röddelin, zwei in Gandenitz, eine in Annenwalde.

Was ist nun über die Annenwalder Windmühle bekannt? Schon in dem ersten Entwurf eines Ansiedlungsvertra­ges vom November 1753 wird festgelegt, daß Zimmermann freies Bauholz erhält u.a. auch für eine Windmühle. Für Krug- und Mühlenpacht sollten erst 12, dann 30 Taler jährlich gezahlt werden. Ungeachtet des langwierigen Streites um den Erbvertrag war Annenwalde doch aufge­baut worden und mit dem Dorfe und der Glashütte auch die Windmühle. Schon 1755, ein Jahr nach der Dorfgrün­dung, stirbt Hans Hinrich Schlottmann, der Müller. Wozu sollte ein Müller im Dorfe gewesen sein, wenn es keine Mühle gegeben hätte. Der "Müllenbursch" Friedrich Schlottmann, der 1757 und 1759 als Pate genannt wird, dürfte ein Sohn gewesen sein. Ob er die Mühle allein betrieb, ohne Meister zu sein, ist nicht ersichtlich. 1777 und 1781 arbeitet hier der Mühlenbursch Johann Grübel. Der Müllermeister Karsten, aus Annenwalde ge­bürtig, ist 1773 in Alten Tiemen (Alt Thymen) tätig und heiratet dort. Aber 1779 und 1782 ist Herr Wünne,

 

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"Müllenmeister elhier", Pate in Annenwalde. Er dürfte wohl identisch sein mit jenem Mühlenmeister Wünne von der Bars­dorfer Mühle, der 1773 und 1778 hier ebenfalls Pate war. Die erste wirklich sichere Nachricht über die Mühle aber finden wir erst auf jener schon mehrfach erwähnten Karte des Dorfes von 1795. Danach stand die Mühle zu jener Zeit auf einer kleinen Erhebung westlich des heutigen Weges nach Densow, der aber damals noch nicht existierte. Der Weg zur Mühle zweigte ab von der sogenannten Hüttenreihe, dem einst nach Himmelpfort und Bredereiche führenden Weg. Von diesem Weg war die Mühle knapp 20 Ruten, also etwa 70 Meter entfernt. (s. die Karte 8.8) Im Jahre 1845 überläßt der Gutsbesitzer Brockes dem Mühlenmeister Bölkow den Krug und die Mühle in Erbpacht. Im Vertrag wird gesagt, daß die Mühle außerhalb des Dorfes auf der Mittagsseite liege und von der Templiner Straße aus zu erreichen sei. Diese Straße ist jener Südwärts (eben nach der Mittags­seite) über das Vorwerk nach Templin führende Landweg, der damals vor dem Bau der Chaussee der Weg nach Templin war. Der Standort der Mühle war ein Hügel, dessen Kuppe etwa 5 - 6 Meter über der Feldmark liegt. Der Weg dorthin hieß noch bis in die Gegenwart der Mühlenweg. Die Mühle selbst existiert lange nicht mehr. Schon etwa 1940 konn­te sich im Dorf niemand mehr an die Mühle erinnern. Man wußte nur vom Erzählen, daß sie infolge eines Blitzschla­ges abgebrannt sei. Das aber müßte etwa 1870 gewesen sein. Da die Mühle nicht wieder aufgebaut wurde, waren Weg und Platz wieder Eigentum des Gutsbesitzers geworden. Der Hügel war landwirtschaftlich nicht nutzbar. Man hatte dort Lärchen angepflanzt. Daher heißt er heute allgemein "der Lärchenberg" statt "Mühlenberg", wie man früher sagte. Zuerst wurde die Mühle wie auch die Schmiede vom Gut aus in Eigenbewirtschaftung betrieben. 1807 wird ein Mühlen­meister Christoff Schulz erwähnt, dessen Tod 1819 beurkun­det ist. 1835 stirbt ein Sohn des Mühlenmeisters Prager, und 1857 stirbt schon wieder ein Mühlenmeister Schulz. Dessen Nachfolger ist der Mühlenmeister Johann Christian Wilhelm Ludwig Bölkow. Die Familie Bölkow war seit der Dorfgründung hier ansässig. Vater und Großvater waren hier Dorfschulzen und Krüger gewesen, d.h.sie hatten den

 

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dem Gutsbesitzer gehörenden Dorfkrug in Pacht gehabt. Der Großvater hatte noch in der Hütte als Glasmacher gearbeitet. Dessen Vater und Großvater waren sogar Vicemeister in der Hütte gewesen. Der Johann Bölkow ist finanzkräftig genug, Mühle und Krug in Erbpacht zu übernehmen. Er wurde damit doch selbständig, war nicht mehr nur ein etwas besser gestellter Gutsarbeiter. Er hatte 1842 eine Tochter des Lehnschulzen Porth aus Ahrensdorf geheiratet. Daß seine Frau eine große Mitgift in die Ehe gebracht hat, ist kaum anzunehmen. Denn als der Lehnschulze Porth 1843 stirbt, erfahren wir von 5 Kindern, die er hinterläßt.

Der Erbvertrag wird am 12.Juni 1845 abgeschlossen. Die wichtigsten Punkte dieses Vertrages sind:

1. Der Gutsbesitzer Brockes überläßt dem Mühlenmeister Bölkow in Erbpacht das Krug-Etablissement, die Windmühle und einige Ländereien.

2. Das Erbpachtrecht ist freies Eigentum des Erbpächters.

3. Der Erbpächter zahlt einen jährlichen Erbpachtzins von 150 Talern Courant.

4. Der Erbpächter darf von diesem Erbpachtzins 50 Taler durch Kapitalzahlung zu 5% ablösen. (Schon im Januar 1847 macht Bölkow von dieser Möglichkeit Gebrauch und zahlt die sich daraus ergebenden 1000 Taler.)

5. Der Erbpächter zahlt außerdem ein Erbstandsgeld von 2000 Taler. Tausend Taler sind bereits gezahlt, der Rest ist mit 4% zu verzinsen. Dieser Rest kann von beiden Teilen frühestens nach 8 Jahren mit einer Frist von 6 Monaten gekündigt werden.

6. Der Erbpachtzins und das restliche Erbstandsgeld sind auf die verpachteten Grundstücke als Hypothek einzutragen.

7. Bei Veräußerungen muß die Einwilligung des Erbverpäch­ters nachgesucht werden. Letzterem wird in solchem Falle das Vorkaufsrecht zugestanden.

8. Der Erbpächter muß die Kruggebäude mit wenigstens 1100 und die Windmühle mit 900 Taler gegen Feuerschaden ver­sichern.

9. Wird die Windmühle an eine andere Stelle verlegt, so werden Mühlenweg und Mühlenplatz wieder Eigentum des Erbverpächters, welcher jedoch einen andern Platz und einen andern Weg dorthin einzuräumen sich bereit erklärt.

 

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Mühlenmeister Bölkow hatte aber an diesem Eigentum keine lange Freude. Er stirbt, erst 40 Jahre alt, im Januar 1852. Er hinterläßt die Frau mit 5 Kindern, von denen das älte­ste 7 und das jüngste 1 Jahr alt ist. Die Witwe heiratet 3 Jahre später den Mühlmeister Bilerstaedt, Sohn des Müh­lenbescheiders Bilerstaedt in Fürstenwerder. Von Kindern aus dieser zweiten Ehe ist nichts bekannt. Von den 5 Kin­dern aus der ersten Ehe wissen wir nur, daß die älteste Tochter 1873 den Mühlenmeister Formum in Densow heiratete. Von den andern Kindern und auch von der Frau verliert sich jede Spur. Zu Lebzeiten des Bilerstaedt muß es nun gewesen sein, daß die Mühle abbrannte. Wahrscheinlich ist er da­durch in besondere Schwierigkeiten geraten, aus denen er keinen Ausweg mehr wußte. Im "Templiner Kreisblatt" vom 3.7.1878 lesen wir: "Heute wurde vom Förster in der Ham­melspringer Forst der frühere Mühlenbesitzer B. aus Annenwalde erhängt vorgefunden. Die Leiche ist bereits in Ver­wesung übergegangen." Der Sterbefall ist weder im Sterbe­register des Standesamtes Annenwalde noch in dem von Ham­melspring vermerkt.

Die Geschichte der Annenwalder Windmühle ist damit beendet. Die Büdner und Arbeiter des Dorfes kauften ihr Mehl in Templin oder tauschten dort den wenigen Roggen, den sie auf ihren kleinen Feldern geerntet hatten, in einer der Templiner Windmühlen gegen Mehl, das sie brauchten, um nach wie vor ihr Brot selbst zu backen.

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