Unser Dorfplatz Annenwalde, Vorwerk Annenwalde, Densow, Alt und Neu Placht
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5.7 Annenwalder Vereine

 

a. Geschichte der Schützengilde zu Annenwalde

 

Für Annenwalde trifft es nicht zu, daß, wo zwei Deut­sche zusammenkommen, sie drei Vereine gründen. Wenn wir von dem zunftmäßigen Zusammenschluß der Schiffer abse­hen, hat hier, ausgenommen die Jahre 1920 bis 1933, immer nur ein Verein bestanden: die Schützengilde. Hier nennt man sie allerdings meist den Schützenverein. Sein Anse­hen im Dorf war groß, wenn er auch nur zweimal jährlich in Erscheinung trat: im Juli beim Schützenfest draußen in den Buchen und im Januar beim Wintervergnügen im Dorf­gasthaus. Von der Geschichte der Schützengilde besitzen wir nur geringe schriftliche Nachrichten, obgleich ein 4 cm dickes Protokollbuch vorhanden ist, das schon bald nach der offiziellen Gründung begonnen wurde. Aber die Schriftführer schienen es für absolut ausreichend anzu­sehen, wenn sie jährlich die Schießliste aufstellten. Ich will trotzdem versuchen, die Geschichte der Gilde im Zusammenhang zu erzählen.

Der Schneidermeister Carl Boelkow muß ein unter­nehmender Mann gewesen sein, weil man gerade ihn ausge­sucht hat, am 29. Mai 1842 an den Herrn Rittergutsbesit­zer Brockes ein Schreiben zu überreichen, das so beginnt:

„Seiner Hoch Wohlgeboren Der Herr Rittergutsbesit­zer Brockes Brodtherr und Beschützer der Gemeinde Annenwalde werden hiermit Unterthänigst und ganß gehorsamst Ersucht, Unterzeichnete zu Erlauben Aljährlich ein Scheibenschießen unter folgenden Statuten in dero Orte halten zu dürfen...“

Noch im gleichen Jahr fand dann auch das erste Schei­benschießen statt. Es wurde nach einer Scheibe mit nur vier Ringen geschossen. König wurde der Schiffer Krutz­mann. Die sehr sorgfältig aufgestellten Statuten sind sicher von der Templiner oder der Zehdenicker Gilde übernommen worden. Es wurde gefordert: 1. Die Mitglieder sollen 25 Jahre alt sein oder doch wenigstens das Gesellenrecht erworben haben. Burschen, Lehrlinge oder Jungen können nicht aufgenommen werden. Sie müssen sich

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bisher sittlich und moralisch gut geführt haben und diesen Lebenswandel in der Zukunft zu erhalten sich bestreben wollen. 2. Der Ausmarsch muß mit Anstand

und militärischer Haltung geschehen. Das Tabak- oder Zigarrenrauchen ist dabei untersagt.

Sofort bei der Gründung traten der Gilde 30 Mitglieder bei, die sich durch eigenhändige Unterschrift ver­pflichten mußten, sich streng an die Satzungen zu hal­ten. Die Unterschriften in dem Protokollbuch sind al­lerdings von dem Herrn sämtlich selbst gefertigt wor­den. Das Buch ist nämlich erst 1846 für 1 Taler 5 Gr. gekauft worden. Die ersten Aufzeichnungen hatten auf einem losen Blatt gestanden und wurden nun von Herrn Boelkow in das neue Buch übertragen.

Im Jahre 1845 wurden die Statuten durch eine Rang­ordnung ergänzt. Diesmal wird ausdrücklich gesagt, daß man den Statuten der städtischen Gilden in jeder Hin­sicht folgen will. An "Schargen" waren vorgesehen: 1 Capitain, 1 Premier-Leutenant, 1 Sekonde-Leutenant, 1 Feldwebel, 4 Unteroffiziere. Beschlossen wurde die Möglichkeit der Aufnahme von außerordentlichen Ehren­mitgliedern und von Ehrenmitgliedern. Es werden aber nur vier von den letzteren aufgeführt, nämlich Toll, Hartmann, Bartel und Brennecke.

Schon im Jahre 1844 wurde eine Fahne gekauft, die "auf einer Seite bemahlen ist". Die Fahne kostete "in Closife Tragen und Futteral 22 Taler, 5 Gr., 6 Pf." Die nun schon 90 Jahre alte Fahne ist wohl schon etwas zer­schlissen, wird aber beim Aus- und Einmarsch immer noch mitgeführt.

Die Aufzeichnungen bis hierher sind von mir, etwa 1940 gemacht worden. Heute kann ich nur noch folgendes hinzufügen: Im Zuge der sogenannten Entmilitarisierung gemäß Potsdamer Abkommen von 1945 mußten in Deutschland alle militärischen und ihnen ähnliche Formationen aufgelöst werden. Dazu gehörten auch die Schützenver­eine. Das Protokollbuch und alle sonstigen dem Verein gehörenden Akten sind verschwunden. Verschwunden ist auch die Schützenkette, die jeweils vom Schützenkönig getragen wurde. Jeder von ihnen gab immer eine Münze,

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in die sein Name und das Jahr, da er diese Würde hatte, eingraviert waren. So wurde die Kette von Jahr zu Jahr größer. Die Münzen waren meist Gedenkmünzen, die als Zah­lungsmittel im Umlauf waren. Dadurch war die Kette zu einer Münzensammlung von gewissem Wert geworden. Nur die Fahne war auf einem Boden verborgen und ist so er­halten geblieben.

Schützenfest in Annenwalde

"Die Schützenfeste von Annenwalde sind weit und breit berühmt," konnte man in der Heimatbeilage des Templiner Kreisblattes von 1932 lesen. Der ungenannte Verfasser (mit ziemlicher Sicherheit der damalige Pastor von Den­sow und Beutel, Herr Müller aus Templin) berichtet aber, daß er in der Dorfstraße bei der Durchfahrt am Tage des Schützenfestes keine Girlanden sah. Als er etwa 20 Jahre früher bei gleicher Gelegenheit durch das Dorf gekommen sei, hatte man über die Dorfstraße Girlanden mit herzli­chen Willkommensgrüßen gezogen. Es zeigte sich eine ähn­liche Entwicklung, wie sie auch bei der Feier des Schiffer­festes zu beobachten war. Eine alte Tradition hängt an sich zu überleben. Sie wird in der Form noch weiterge­führt, aber der innere Gehalt verflacht und verschwindet endlich ganz. Ein kleines Hindernis läßt dann die ganze Tradition verschwinden. Wie sah es nun Anfang der drei­ßiger Jahre aus? Ich kann nur aus dem Jahre 1932 be­richten, als nazistische Formen und Bräuche sich noch nicht durchgesetzt und zur weiteren Verflachung beige­tragen hatten. Der Tag für das Schützenfest, ein Sonntag. Ende Juni, war schon auf einer Versamm1ung im Winter bestimmt worden. Nach der Mittagszeit sammelten sich an diesem Sonntag die Schützen in der Gastwirtschaft. Alle trugen eine grüne Schützenjacke und einen entspre­chenden Hut. Einige brachten auch eine Buchse mit, die aber eben nur getragen, jedoch nicht zum Schießen be­nutzt wurde. Eine Kapelle war aus Lychen genommen. Um 2 Uhr begann der Ausmarsch. Von den Chargen, wie sie in den Statuten festgelegt worden waren, habe ich nichts mehr bemerkt. Der Kommandeur der Gilde, er war jetzt der Vorsitzende des Schützenvereins, war der Schmiedemeister Otto Rönnpagel. Da es schließlich nur einmal im Jahre

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vorkam, daß man mit Musik durch das Dorf marschieren konnte, war fast die gesamte Dorfbevölkerung auf den Bei­nen. Zunächst wurde unter den Klängen eines Präsentier­marsches die Fahne aus deal Lokal getragen. Dann mar­schierte man zum vorjährigen Schützenkönig, um den ab­zuholen. Die beiden "Ritter" gingen in das Haus. Dort mußte schnell noch erst ein Schnaps getrunken werden. Nachdem sie den mit der Schützenkette geschmückten Kö­nig in die Front begleitet hatten, wurde der Ummarsch fortgesetzt. Es ging hinaus zu dem traditionellen Fest­platz in den Buchen. Hier hatte der Gastwirt Schmetzer einen offenen Verkaufsstand errichtet, an dem Bier, Schnaps und sonstige Getränke verkauft wurden. Der Bäcker Berg hatte sogar ein Zelt aufgeschlagen und ver­kaufte Kuchen, Süßigkeiten und verschiedene billige Kin­derspielsachen. Am Vormittag hatten die Männer aus zum Teil rohen Brettern Tische und Bänke aufgebaut, deren Füße man gleich in den Waldboden eingeschlagen hatte. Wer dann Platz fand, der konnte seinen Kaffee trinken und seinen Kuchen essen, den selbstgebackenen oder den gekauften. Den Kaffee hatte der Gastwirt in großen Milchkannen mitgebracht. Besonders die Frauen bewunder­ten die seitwärts auf einem Tisch aufgestellten Preise, die beim Schießen zu gewinnen waren. Während zum „Kö­nigsschießen" nur die Mitglieder der Gilde zugelassen waren, konnte sich am „Preisschießen" nach Zahlung eines Schießgeldes jeder beteiligen. Um gleiche Bedingungen zu haben, wurde mit solchen Büchsen geschossen, die ein kleiner Unternehmer aus Bredereiche gegen Entgelt zur Verfügung gestellt hatte. Während des Nachmittags spielte die Kapelle. Höhepunkt des Konzertes war immer das Lied "Wer hat dich, du schöner Wald". Dabei stand ein Trompeter auf einem abseitigen Hügel hinter Bäumen und blies dann jeweils das Echo "Lebe wohl, du schöner Wald!" Man hatte sogar einen "Pariser" aufgebaut, eine Tanzflä­che aus Brettern. Sie war aber durch die Jahre schon recht brüchig und ist dann auch in den nächsten Jahren nicht mehr verwendet worden. Aber diesmal konnte man noch tanzen. Jedoch mehr war auch nicht da. Es gab kein Karussell und keine Würfelbude, kein Eis und nicht einmal

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Torte. Und doch waren nicht nur die Einwohner von Annen­walde draußen auf dem Platz. Aus Beutel und Densow, aus Tangersdorf und sogar aus Templin waren Gäste gekommen. Aus den Nachbargemeinden kam man meist mit dem Fahrrad, aber zwei oder drei Autos waren auch schon auf dem Platz zu sehen.

Wenn dann der neue Schützenkönig ausgeschossen war und feststand, wer der erste und wer der zweite Ritter war, wenn man auch die Preise in Empfang genommen hatte, meist nicht die entsprechenden Schützen sondern deren Frauen, konnte nun wieder der Einmarsch erfolgen. Er mußte auch erfolgen, denn es war nun schon Abend gewor­den, und fast alle hatten zu Hause Vieh zu besorgen. Zuerst ging es zu dem neuen König. In Eile hatte man an der Haustür schon eine Girlande befestigt. Wieder mußten die beiden Ritter in der Wohnung mit dem König anstoßen, obwohl das draußen auf dem Platz auch schon zur Genüge geschehen war. (Ich muß aber aus der heuti­gen Sicht hinzufügen: Damals wurde doch nicht soviel ge­trunken wie jetzt bei vielen Gelegenheiten üblich.) Auch die Schießscheibe, auf die der Königsschuß abgege­ben worden war, wurde in das Haus getragen. Sie verblieb dort. In manchen Häusern finden wir noch heute auf dem Hausflur oder in der Veranda solche Scheibe hängen. Sie hatte keine Ringe, sondern es war ein auf eine kreisrunde Holzscheibe gemaltes Bild, das ein jagdbares Tier (Hirsch, Reh, Wildschwein) in seiner Umgebung darstellte. Das Fest schloß ab mit dem Tanz, der am Abend im Saal stattfand.

 

 

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b. Der Männer-Gesangverein


In dem Kapitel über die Schule hatte ich schon erwähnt, daß der Lehrer Gohlke eine anerkennenswerte kultu­relle Arbeit im Dorfe geleistet hatte. Seiner Anregung und seinem Eifer war es zu danken, daß 1920 ein Männer­gesangverein gegründet werden konnte. Es wurde regel­mäßig in jeder Woche an einem Abend geübt. Man hielt die Singeabende im Schankraum des Gasthauses. Ein Kla­vier war dort vorhanden. Meist kamen etwa 20 Sänger zu­sammen. Für jeden war ein Liederbuch gekauft worden. Bald hatte sich der Chor so gefestigt, daß man auch bei den Sängerfesten auftreten konnte, die im Sommer abwechselnd außer in Annenwalde (hier natürlich auf dem Platz in den Buchen) auch in Hammelspring, Storkow und Densow stattfanden. In jedem Winter wurde im Saal ein Vergnü­gen gefeiert. Dabei wurden dann zuerst die im Laufe des Jahres einstudierten Lieder vorgetragen. Durch regel­mäßige, wenn auch sehr geringe Beiträge hatte man ein kleines Kapital gesammelt, sodaß man 1927 sogar eine Fahne kaufen konnte, die verhältnismäßig teuer war. Herr Otto Collin, damals Vorsitzender des Sängervereins, hat diese Fahne bis auf den heutigen Tag aufbewahrt. Nach der Auflösung des Gutes war die Zahl der Sänger kleiner geworden, es fehlte auch der junge Nachwuchs. Als die Zeit des Faschismus begann, wurde gefordert, daß wir dem nazistischen Sängerbund beitreten, die von diesem her­ausgegebenen Liederblätter kaufen und monatlich ein sogenanntes Pflichtlied (selbstverständlich mit nazi­stischem Inhalt) singen sollten. Da löste sich der Ver­ein 1934 oder 1935 stillschweigend auf.

Nach 1945 hatte ich vergeblich versucht, den Chor wieder aufleben zu lassen. Mit Mühe konnten wir zur Zweihundert-Jahr-Feier einige Lieder singen. Sonst ge­lang es mir nur, mehrmals eine Gruppe von Frauen in der Schule zu versammeln, um mit ihnen Kanons und zweistimmi­ge Lieder zu singen, die wir bei Feiertagen vortragen konnten. Es war aber niemals möglich, sie beisammen zu halten und regelmäßig zu üben. Jetzt fehlt auch dieses gelegentliche Singen, obwohl heute solche kulturelle Arbeit von den staatlichen Stellen in jeder Weise ­gefördert wird.

c. Die Freiwillige Feuerwehr


Wenn auch die Freiwillige Feuerwehr kein Verein ist, sie ist aber doch eine Vereinigung. So sei erlaubt, an dieser Stelle das aufzuschreiben, was ich über sie weiß.

Es war wohl im Jahre 1934, jedenfalls schon in der Zeit der Naziherrschaft, als der damalige Leiter der Röd­deliner Feuerwehr, Herr Leumann, eines Abends nach Annen­walde kam, um hier für die Gründung einer Wehr zu werben. Dabei tauchte wohl auch der Gedanke auf, vielleicht so­gar als Möglichkeit geäußert, wie notwendig solche Wehr im Falle eines. Krieges sein würde. Es fanden sich auch eine genügende Anzahl Männer, die zur Mitarbeit bereit waren. Aber ohne einen Wehrleiter gab es nicht einmal einen Anfang. Doch niemand wollte diesen Posten über­nehmen. Um das Ganze nicht scheitern zu lassen, sagte ich zu, obgleich mir für solche Funktion alle Voraus­setzungen fehlten. Es war damals mein nicht ausgesprochenes Geheimnis, daß ich mir mit dieser Tätigkeit eine Art Alibi verschaffen wollte. Ich war immer noch nicht Mitglied der Nazipartei und war auch nicht der SA beigetreten. Ich hatte auch nicht die Absicht, jemals einer dieser beiden Formationen anzugehören. Jetzt konnte ich darauf hinweisen, daß ich einer wichtigen und not­wendigen Formation angehöre. Dabei war für mich entscheidend, daß diese Formation nicht vernichten sondern erhalten sollte. Es war mir eine Freude, als etwa ein halbes Jahr nach Gründung der Wehr ein Erlaß erschien, daß Feuerwehrleute nicht der SA anzugehören brauchten. Dadurch konnten mehrere Feuerwehrleute, die vor einem Jahr den vielen Werbungen erlegen und in die SA einge­treten waren, aus der wieder ausscheiden.

Wir mußten uns nun bemühen, die notwendigen Mög­lichkeiten zu schaffen, um gegebenenfalls ein Feuer be­kämpfen zu können. Da war in der Dorfstraße das Geräte­haus der Feuerwehr, Spritzenhaus genannt. Ein niedriger

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das neue Gerät kostete und wie sich diese Kosten auf Kreis und Gemeinde verteilten. Jedenfalls war man bei den staatlichen Stellen großzügiger geworden. Der Grund dafür war, daß man nun, auch für jeden erkennbar, auf den Krieg hinsteuerte. Es gab immer mehr Geld, sodaß wir uns ausreichend mit Schläuchen, Strahlrohren und sonstigem Bedarf versehen konnten. Auch die Ausrüstung der ein­zelnen Wehrleute mit Uniform, Stahlhelm und Mütze konnte in wenigen Jahren erreicht werden. Ganz ungeklärt war noch die Wasserversorgung. Die einzige Wasserentnahme war am See. Es war schon schwierig, eine Spritze die et­wa 10 Meter Steilufer bis zum See hinunter zu bringen. War das geschehen, dann reichte die Kraft des Motors noch, um das Wasser bis zu den ersten Gutsgebäuden zu drücken. Bei Ausbruch eines Brandes im Dorf wäre ohne die Hilfe benachbarter Wehren nicht auszukommen. Die geplante Bohrung für einen Feuerlöschbrunnen konnte wegen des Krieges nicht mehr durchgeführt werden.

Erstmalig mußte die neue Spritze im Ernstfall ge­nutzt werden, als im Januar 1941 im Turm der ehemaligen Brennerei, in dem der große Wasserbehälter für die Was­serleitung des Gutes untergebracht ist, ein Brand aus­brach. Durch die starke Kälte war die Leitung einge­froren gewesen. Der Besitzer des Restgutes oder einer seiner Verwandten hatte sie mit einer Lötlampe auftau­en wollen. Dabei hatte sich die Verpackung des Behäl­ters, die aus Sägespänen und Kaff bestand, entzündet. Die Löscharbeiten waren wegen der Höhe des Brandobjektes und wegen der Kälte, die das Wasser auf den Uni­formen gefrieren ließ, sehr schwierig. Es verbrannte aber nur der obere Teil des Turmes mit der Uhr.

Sehr viel größer war der Schaden, als im Sommer 1944 die an der Südseite der Kirche aufgebaute große Baracke (s.S.50) abbrannte. Die Baracke bestand nur aus Holz und hatte ein Pappdach. Von ihr konnte nichts ge­rettet werden. Da brennende Späne bis auf das Dach der Strohreihe flogen, hatten wir Mühe, dieses Gebäude zu retten. Die dichtbelaubten Linden bildeten einen we­sentlichen Schutz.

Als ich Ende August 1945 aus der Gefangenschaft

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kam, war das Gerätehaus leer. Wo die Motorspritze geblie­ben war, weiß ich nicht. Die Handdruckspritze will man noch in Hohenlychen am See gesehen haben. Sie ist aber dann auch verschwunden. Leider beteiligten sich auch Annenwalder Einwohner an der Ausplünderung. Einige hol­ten Schläuche heraus und wollten angeblich Pferdege­schirre daraus herstellen. Aber es ist nie dazu gekommen. Für die wenigen noch vorhandenen Pferde waren auch Ledergeschirre da. Als dann im Februar 1946 das ehemali­ge Gutshaus abbrannte (s.S.55), konnte so gut wie nichts unternommen werden.

Erst 1950 wurde wieder mit dem Aufbau einer Freiwilligen Feuerwehr begonnen, deren Leitung Herr Arthur Collin übernahm. Durch die völlig andersartige Finanz­regelung zwischen Kreis und Gemeinde ist das Feuerlösch­wesen jetzt weniger eine gemeindliche als vielmehr eine kreisliche Angelegenheit. Die Gemeinde trägt nur die Ko­sten für die Instandhaltung des Gerätehauses und zahlt eine geringe monatliche Entschädigung an den Wehrleiter. Die gesamte Ausrüstung wird vom Kreis bezahlt. So hat die Wehr seit 1951 wieder eine Tragkraftspritze mit Transportwagen. Schläuche und sonstige Gerätschaften sind in ausreichender Menge vorhanden. Die Ausrüstung der einzelnen Wehrleute mit Uniform, Mütze, Stahlhelm usw. ist komplett. 1960 wurde ein noch modernerer, völlig ge­schlossener Transportwagen für die Kraftspritze gelie­fert. So ist die Wehr jetzt erheblich besser ausgerüstet als das vor 1945 der Fall war. Das Gerätehaus ist durch die fleißige Arbeit einiger Mitglieder der Wehr weiter ausgebaut und verbessert worden. Nur die Wasserversor­gung ist nach wie vor nicht ausreichend.

Die neue Wehr trat erstmalig in Aktion, als 1958 durch vorsätzliche Brandstiftung eines Annenwalder Ein­wohners auf dem Vorwerk eine Scheune abbrannte. Auch hier mußte man sich wegen Mangel an Löschwasser darauf be­schränken, die angrenzenden Gebäude zu schützen.

Das Fehlen junger Menschen im Dorf macht sich auch bei der Feuerwehr bemerkbar. Es ist sehr schwierig, den für eine Wehr notwendigen Personalbestand zu halten. Man hat wohl auch eine Frauenlöschgruppe gebildet und sogar

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uniformiert. Aber diese Frauen, es sind obendrein nur fünf, sind in erster Linie im vorbeugenden Brandschutz eingesetzt. Es bleibt nur zu wünschen, daß die vorbeu­genden Maßnahmen so gründlich sind, daß die Feuerwehr selbst nicht in Tätigkeit zu treten braucht.

Da ich bei meinem Bericht gleich im Jahre 1934 be­gonnen habe, will ich zum Schluß noch das wenige nachtra­gen, was ich vom Feuerlöschwesen in den vergangenen zwei Jahrhunderten in Erfahrung bringen konnte. Auf dem Plan von 1795 ist eingetragen "das Spritzen Hauß und Acker Bau Cammer". Es stand da, wo heute die Gärtnerei ist. Augenzeugen haben mir berichtet, daß es in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts abgerissen worden sei. Bis dahin hatte dieser Bau einer hohen Gutsobrigkeit auch öfter als Gefängnis gedient. Wann das jetzige Spritzenhaus gebaut worden ist, wußte niemand zu berichten. "Das hat schon immer dagestanden." Es müßte demnach vor 1880 gebaut worden sein. Aber zwischen diesem Spritzen­haus und dem jetzigen Eckgrundstück stand parallel zur Straße ein niedriger ganz offener Schuppen, in dem Lei­tern und lange Stangen mit Einreißhaken hingen.

Wie schon berichtet, brannten im Oktober 1772 im Winkel 9 Wohnungen ab. (s.S.32) Danach blieb das Dorf anscheinend durch ein Jahrhundert vom Feuer verschont. Erst am 28. September 1881 brach wieder im Winkel Feuer aus. Dabei brannten die Häuser Nr.1 bis 3 ab, in denen aber 5 Familien wohnten. Heute stehen an dieser Stelle die Häuser von Rohde, Hinz, Prütz und Haberland.

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