Unser Dorfplatz Annenwalde, Vorwerk Annenwalde, Densow, Alt und Neu Placht
 Unser DorfplatzAnnenwalde, Vorwerk Annenwalde, Densow, Alt und Neu Placht

5.6 Annenwalder Handwerker

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5.6 Annenwalder Handwerker


 

Als ich die einzelnen Kapitelüberschriften dieser Chronik festlegte, hatte das Dorf noch drei Handwerker: einen Schmied, einen Stellmacher und einen Bäcker. Heute (1970) gibt es keinen selbständigen Handwerker mehr. Bei der LPG arbeiten zwei gelernte Schmiede und zwei Maurer. Alle Berufstätigen, die nicht in der LPG be­schäftigt sind, fahren nach außerhalb, vorwiegend nach Templin. Vielleicht ist es später einmal interessant, welche Tätigkeiten diese Leute ausübten:

1 Ofensetzer, 1 Schornsteinfeger, 1 Zimmermann,

1 Steinmetz, 1 Maurer, 4 Kraftfahrer, 4 Eisen-

­bahner, 1 Elektriker, 1 Sägewerksarbeiter,

2 Straßenbauarbeiter, 2-Schlosser, 2 Forstarbeiter,

2 Forstarbeiterinnen, 1 Verkäufer, 1 Kranken­schwester.

Wie groß war doch die Zahl der Berufe, die es früher hier gab und die im Orte selbst ausgeübt wurden. Eine Durchsicht des Kirchenbuches von 1630 bis 1860 ergab folgende Berufsangaben:

1 Schmiedemeister, 1 Stellmachermeister, 2 Garn-

­webermeister, 1 Leinenwebermeister, 2 Webermeister,

1 Mühlenmeister, 1 Böttchermeister, 1 Bäckermei-

­ster, 3 Schmeidemeister, 1 Zigarrenfabrikant,

1 Schuhmachermeister, 1 Brauer. Dazu kamen dann noch mehrere Schiffer und die Glasmacher.

In dem Verzeichnis der Schützengilde von 1845 werden als Mitglieder 14 Glasmacher, 2 Glasschürer und 1 Glas­pfleger genannt. Außerdem werden noch angegeben 1 Tisch­lermeister, 1 Tischler und 3 Zimmerleute. Der in diesem Zeitraum genannte Schiffbauer dürfte seine Tätigkeit kaum in Annenwalde ausgeübt haben. Dabei darf nicht übersehen werden, daß ich nur die Handwerker erfassen konnte, in de­ren Familie in der erwähnten Zeit durch Geburt oder Tod eine Veränderung eingetreten war. Die fortschreitende Industrialisierung hat alle. diese meist im Einmannbe­trieb ausgeübten Gewerbe unmöglich gemacht. Über die Jahrhundertwende hinaus blieben nur übrig der Schmied, der Stellmacher und der Bäcker. Darüber soll nachstehend

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einiges berichtet werden.

Die Schmiede. Die Leute in der Gründungszeit des Dorfes waren gewiß recht vielseitig. Bäume fällen, die Stämme mit der Axt bekanten, Lehmsteine formen und sonstige Arbeiten beim Hausbau verrichten, das konnte jeder. Aber Nägel, Klammern, Türgriffe und dergleichen schmieden war schon eine andere Sache. Das mußte ein Schmied fertigen. Denn es gab auch in der Stadt keinen Laden, in dem man so etwas hätte kaufen können. So ist es nicht verwunderlich, daß zu den ersten Einwohnern auch ein Schmied gehörte. Be­reits 1757 wird der Meister Martin Schawede, Schmidt al­hier, verzeichnet, dem in diesem Jahre ein Sohn geboren wird. Aber der Vater stirbt schon 1759, erst 32 Jahre alt. Seine Witwe heiratet noch im gleichen Jahr den Schmied Jarchow, der möglicherweise in der Werkstatt des verstor­benen Meisters als Geselle gearbeitet hatte. 1760 wird ihnen ein Sohn geboren, aber dann taucht der Name in den Kirchenbüchern nicht mehr auf. Im Laufregister von 1771 wird als Vater der Huf- und Waffenschmied Christoph Wasmund genannt. 1779 heiratet der Meister Daniel Müller, Huf- und Waffenschmied alhier. Er muß noch 1803 gelebt und in Annenwalde gewohnt haben. In diesem Jahre heira­tet seine Tochter den Schmiedemeister Seidler in Templin. Der Vater der Braut wird als Schmidt aus Annenwalde be­zeichnet. Auf der schon mehrfach erwähnten Karte von Annenwalde von 1795 ist unter Nr.7 verzeichnet die Schmie­de des Johann Friedrich Moldenhauer. Sie ist auf diesem Plan an eben der Stelle eingezeichnet, wo seit 1914 die Schmiede auch wieder steht. Es ist nicht feststellbar, ob der Schmiedemeister Gottfried Mollenhauer, der im Alter von 30 Jahren 1795 stirbt, ein Sohn dieses J. F. Moldenhauer ist. Die unterschiedliche Schreibweise der Namen auf dem Plan und im Kirchenbuch ist ohne Belang. Solche unterschiedlichen Schreibweisen sind zu jener Zeit nicht selten und zum Teil darauf zurückzuführen, daß die Leute ihre Namen nicht schreiben konnten. 1821 ist der Tod des Schmiedemeisters Carl Ludwig Dochow (65 Jahre alt) eingetragen. Aber schon 1822 wird der Tod des 6O Jahre alten Schmiedemeisters Michael Rahr gemeldet. Und 1828 ist ein Schmiedeheister Bethke aus

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Annenwalde Pate in Alt-Plackt. Wir müssen daher wohl annehmen, daß zeitweilig zwei Schmiedemeister im Dorf waren. 1843 heiratet der Schmiedemeister Ludwig Fer­dinand Dähne (Dähn) im Alter von 58 Jahren die 51 jäh­rige Tochter des verstorbenen Michael Rahn. Über diese Heirat heißt es im Kirchenbuch: "Der p. Dähne hatte vor ohngefähr 24 Jahren seine Ehefrau verlassen und seit jener Zeit mit der p. Rahn in verbotenem Umgang gelebt. 5 Kinder waren gezeugt und nachdem 1841 die Ehefrau des Dähne gestorben war, ward die Copulation mit der Rahn vollzogen." Doch schon zwei Jahre später stirbt der Dähne. Der 1840 erwähnte Schmiedemeister Kempin dürfte wohl identisch sein mit dem Kelpin, dem 1856 eine Tochter geboren wird. 1858 stirbt 38-jährig der Schmiedemeister Friedrich Dill und 1862 ein Sohn des Schmiedemeisters Blankenburg. Die Zahl der in einem Jahrhundert hier tätig gewesenen Schmiede war also recht erheblich. Inzwischen war aber die 1795 erwähnte Werkstatt aus unbekannten Gründen an der ursprüngli­chen Stelle eingegangen. Diese Schmiede war wie die meisten übrigen Grundstücke mit einer Büdnerstelle ver­bunden gewesen. Das Gut hatte im Zuge der Separation nach der sogenannten Bauernbefreiung durch die Stein-Hardenbergschen Reformen von 1807/1811 mindestens 15 Büdnerstellen angekauft. Darunter war auch das alte Schmiedegrundstück. Im Jahre 1875 zeigt der Gutsbesit­zer Reiche im Templiner Kreisblatt an, daß er die zu diesem Grundstück (ehemals König) gehörenden Gebäude auf Abbruch verkaufen will. Die Gebäude sind dann auch abgerissen worden, und auf dem Platze befanden sich einige Jahrzehnte lang nur große Komposthaufen. Nun stand noch eine Schmiede am Glasweg (Havelweg). Wann die dort errichtet wurde, ist nicht bekannt. Auf der Karte von 1795 ist sie noch nicht verzeichnet. Heute steht an der Stelle die Schwesternstation. Be­vor dieses Blockhaus 1947 errichtet wurde, konnte man noch deutlich die etwas erhöhte Stelle erkennen, wo die Schmiede gestanden hatte. Zwei große Kastanien­bäume begrenzten den Platz. Einer davon steht noch heute. Er ist insofern sehenswürdig, als er zu der

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rotblühenden Sorte gehört.

Vor der Jahrhundertwende 1867 [handschriftlich nachgetragen] kam aus Templin der Schmie­demeister August Rönnpagel, dessen Vorfahren schon seit der Gründung des Dorfes in Annenwalde ansässig waren. Erst sein Vater war von hier nach Templin gezogen, um dort als Brauknecht tätig zu sein. Das gab sicher einen besseren Verdienst als in Annenwalde, wo er wie auch schon sein Vater-Christian Rönnpagel als Tagelöhner ge­arbeitet hatte. Erst der Großvater des August Rönnpagel wird noch als Büdner bezeichnet. Er wohnte in dem Hause, das heute dem Herrn Kolloff gehört. August Rönnpagel pachtete die Gutsschmiede. Diese Schmiede war nicht et­wa-ein armseliges Lehmgebäude. Sie war aus Ziegeln er­baut und befand sich, wie eine im Anhang vorhandene Pho­tographie aus dem Jahre 1909 ausweist, auch zu dieser Zeit noch in recht gutem Zustande. Kurz vor dem 1. Weltkrieg war der Pachtvertrag, der wohl immer nur für einige Jahre Gültigkeit hatte, wieder einmal abgelaufen. Inzwi­schen hatten aber die Reiches das Gut verkauft Der neue Besitzer Heinrich wollte den Pachtvertrag nicht erneuern, sondern die Schmiede als Gutsschmiede weiter­führen lassen, weil er auf diese Weise etwas mehr Geld herauszuholen hoffte. Dem August Rönnpagel behagte es aber nicht, Gutsarbeiter zu werden, also wieder Tagelöh­ner zu sein wie einst seine Vorfahren. Er hätte inzwischen das Grundstück erworben, auf dem einst die erste Schmiede gestanden hatte. Als er sich entschloß, hier selbst eine Schmiede aufzubauen, bot ihm Herr Heinrich die Verlängerung des bisherigen Pachtvertrages an. Aber Herr Rönnpagel ging darauf nicht ein, sondern ließ auf dem erworbenen Grundstück Wohnhaus, Stall und Schmiede bauen. Die Gebäude waren eben fertig, als am 1. August 1914 der 1. Weltkrieg begann. Der Sohn Otto Rönnpagel, der beim Vater das Schmiedehandwerk gelernt hatte und in seiner Militärdienstzeit als Fahnenschmied (so nannte man die beim Militär tätigen Schmiede) gear­beitet hatte, mußte schon am ersten Mobilmachungstag einrücken. Der alte Meister, im 75.Lebensjahr stehend, mußte nun die Schmiede allein weiterführen. Er erlebte aber noch die Rückkehr des Sohnes aus dem Kriege. Der

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leitete den Betrieb durch gut 30 Jahre,bis er 1952 er­krankte. Dann verpachtete er ihn an den Schmied Wilhelm Strachardt, der bis dahin in Templin gearbeitet hatte. Aber der hatte die Schmiede nur wenige Jahre, da er schon 1958 starb. Nun wurde sie von der LPG übernommen. Da diese sich aber bereits eine besondere Werkstatt einge­richtet hatte (s.S.64), wird die Schmiede jetzt nur sel­ten genutzt. Damit ist wieder ein Stück von Annenwalde nur noch Geschichte. Ich muß noch hinzufügen, daß die alte Schmiede am Glasweg 1915 abgerissen wurde.


 

Die Stellmacherei. Nicht ganz so unentbehrlich wie der Schmied war im Dorfe der Stellmacher. Aber er gehörte doch zu den wichtigen Handwerkern. Der erste Meister dieses Berufes in dem neu aufgebauten Dorf war der Ra­demacher Rachow. Er wird 1765 genannt, als ihm seine Frau stirbt. Er hat sich danach wieder verheiratet, denn 1776 wird ihm eine Tochter geboren. Bei seinem Tode 1781 wird er als Stell- und Rademacher bezeichnet. Ihm folgt der Stellmachermeister Steinmann, der erstmals 1790 erwähnt wird, als ihm eine Tochter stirbt. Auf dem Plan des Dorfes erscheint er als Besitzer des Hauses Nr.9. Auf diesem Grundstück befand sich dann die Stell­macherei durch rund 200 Jahre. Heute hat das Haus aber die Nummer 14. Steinmann stirbt 1793 an "Verhebung". 1818 wird der Tod des Stellmachers Dregert beurkundet. Erst 1830 wird der Stellmachermeister Benzien genannt. Die Familie Benzien war allerdings schon länger in An­nenwalde ansässig, denn schon 1796 wird ein Schneider­meister Benzien erwähnt. In der Familie Benzin (später tatsächlich ohne e geschrieben) blieb die Stellmacherei über 100 Jahre. Als letzter aus der Familie stirbt 1932 kinderlos der Meister Karl Benzin. Die Werkstatt über­nimmt als Pachtung Paul Collin, dessen Vater in diesem Jahre in Annenwalde eine Wirtschaft gekauft hatte. (s.S.46/47) Herr Collin führte die Stellmacherei aber nur 5 Jahre. 1955 zog die Familie Rißmann nach Annen­walde. Der Vater war Stellmacher und auch der Sohn hat­te dieses Handwerk gelernt. Sie übernahmen nun die Stell­macherei in Pachtung. Der Sohn Paul Rißmann besuchte

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noch einen Lehrgang und machte die Meisterprüfung. Aber deswegen gab es doch nicht mehr Arbeit. Die Bauern im Dorf waren alle auch Holzfuhrleute. Sie hatten sich gummibereifte Spezialwagen gekauft, bei denen zur Repa­ratur nur der Schmied in Anspruch genommen zu werden brauchte. Nur im Krieg gab es in den letzten Jahren Auf­träge für Militärwagen. Doch nach dem Kriege war es mit der Arbeit für. längere Zeit ganz vorbei. Es war daher verständlich, daß Herr Rißmann die Werkstatt aufgab und 1950 aus Annenwalde verzog. Seit der Zeit gibt es hier auch keine Stellmacherei mehr. Die Werkstatt ist noch vorhanden. Aber das ist ein [handschriftlich nachgetragen] Lehmbau, der wohl noch aus der Gründungszeit des Dorfes stammt.

Die Bäckerei. Früher bestand im Dorfe für einen Bäcker kaum eine Existenzmöglichkeit. Deshalb finden wir in Annenwalde auch erst nach 1850 die erste Nachricht über die­sen Beruf, als 1866 dem Bäckermeister Ferdinand Putsch eine Tochter geboren wird. Gegen Ende des Jahrhunderts kommt aus Marienthal der Bäckermeister Otto Berg und heiratet 1893 die Tochter Marie des Maurers Brennicke aus Annen­walde. Er übernimmt, wahrscheinlich von einem Sohn des Ferdinand Putsch, die Bäckerei und das Grundstück. In einem Laden, der sogar ein Schaufenster hat, verkauft sei­ne Frau außer Backwaren noch Heringe und Sauerkraut, Salz und Zucker, Holzpantinen und Kopftücher, Baldriantropfen und Pfefferminztee‚ Petroleum und Schuhwichse. Es war ganz unglaublich, was in einem so kleinen Laden alles unterge­bracht werden konnte. Einer der Söhne (Walter Berg) fuhr nach dem 1. Weltkrieg mit einem Planwagen in die benach­barten Dörfer (wobei sich die Nachbarschaft bis Himmel­pfort erstreckte) und verkaufte dort die Waren, die Mut­ter im Laden handelte. Anfang der 30er Jahre hatte man dann schon ein Auto und konnte die Fahrten noch weiter ausdehnen. Ein anderer Sohn (Richard Berg) übernahm vom Vater die Bäckerei. Er ließ noch einen modernen Backofen bauen. Aus dem 2. Weltkrieg kehrte er nicht zurück. Bäckerei und Laden wurden nicht wieder eröffnet. So war es hier auch mit diesem Handwerk vorbei.

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