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12.6 Der Annenwalder Brand
Zu den Besitzungen der Entreprise Annenwalde gehörte auch ein Waldstück, der Brand geheißen. Wie dieser Wald, mitten in den damals Königlichen Forsten gelegen, in
den Besitz des Herrn Zimmermann gekommen ist, bleibt zunächst unklar. In dem Entwurf einer Erbverschreibung vom 14.1.1754 ist nur die Gesamtgröße des Besitzes angegeben, es sind aber nicht die
Teilstücke benannt. Im Verlaufe der ersten Verhandlungen hat im Auftrage des Kriegsrates Pfeiffer ein Vermessungsingenieur Bach den gesamten Komplex im Sommer 1753 vermessen. Leider ist mir bisher
nur das Register zugänglich gewesen, nicht aber die hierzu gezeichnete Karte. In dem Register wird über den Brand gesagt: "Der Brandt in der Densoschen Kiehn Heyde zwischen dem Templinschen und
Densoschen Weg von Bredereck wie auch den lüchenschen Weg nach Zehdenick belegen, ist von Sandigen Boden und gar keinen jungen aufschlag." Und in den Anmerkungen zu diesem Register heißt es noch:
"Der Brandt mit Litt. C bezeichnet ist gantz rein von Holtz außer einige Kleine birken welche aufgeschlagen und ist mit Heyde Kraut bewachsen." Die Lage des Waldstückes ist also sehr eindeutig
beschrieben. Den Weg von Bredereiche nach Templin habe ich auf der beigefügten Karte (S.201) mit A, Weg nach Densow mit B bezeichnet. Mit dem Weg von Lychen nach Zehdenick ist die alte Zehdenicker
Landstraße gemeint, über die auf Seite 197 mehr gesagt ist. Nach den Angaben des Vermessungsbeamten war also der Brand zur Holzentnahme für die Glashütte nicht geeignet, und wegen des schlechten
Bodens konnte er auch nicht als Ackerland umgebrochen werden. Der Besitz brachte also nichts ein, aber die Erbpacht war auch für ihn berechnet. Das Gebiet östlich und westlich vom See, heute als
Ackerland genutzt, war damals Wald. In dem erwähnten Register heißt es dazu: "Die Buch Heyde linker Hand der Densoschen See ist von guthen Boden Lind mittelmäßigen Holtz... Die Buch Heyde rechter
Hand ist gleichfalls von vorbesagter Bonität." In einem Bericht des Oberforstmeisters von Knobelsdorff an die Kurmärkische Kammer von Dezember 1754 wird geschrieben:“ Bey meiner letzten Reise
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das Amt Badingen, habe ich in dortigen Forsten das Etablißement auf dem Denso... in Augenschein genommen, auch gesehen, daß daselbst die beste Gegend, so mit Eichen und Buchen von allerhand Sorten bewachsen, hierzu erwehlet, und zur Ausrodung in Grentzen eingeschloßen worden... und wann ja dem Zimmermann einiges Acker Landt bey dieser angelegten Hütten nöthig sein solte, solches demselben auf denen nicht weit davon befindlichen alten Brandt Flecken angewiesen werde."
Aus diesem Bericht wird auch die Herkunft des Namens "der Brand" klar. Das Waldstück hatte so schlechten Boden, daß nicht einmal die Kiefer gedeihen wollte. Selbst Herr von Knobelsdorff gibt das zu, wenn er schreibt, daß "durch besehung der alten Brandt Flecke, alwo der Anflug des Saamens nicht practikabel“, kein Ausgleich geschaffen werden könne für den an anderer Stelle gerodeten Wald. Noch heute werden Stellen im Acker, auf denen auch bei günstigem Wetter nur dürftiger Pflanzenwuchs zu verzeichnen ist, als Brandstellen bezeichnet. Solch eine Brandstelle war eben der Brand. Keinesfalls kommt der Name daher, daß hier das Holz für die Feuerung (den Brand) in der Glashütte geholt wurde.
Der Brand war und blieb bei Annenwalde. Er wurde später sogar aufgeforstet und nicht ohne Erfolg. Aber bei der fortschreitenden Intensivierung war diese private Enklave ein Hindernis. Als man die einzelnen Wirtschaftsabteilungen, damals Jagen genannt, nummerierte, mußte man hier unterbrechen. Es war verständlich, daß die Forstverwaltung eine Änderung zu schaffen versuchte. Der Wald rund um den Brand gehörte zur Oberförsterei Altplacht. Nun existiert ein Schreiben des Oberförsters in Altplacht an die Regierung in Potsdam vom 26.1.1911. Es heißt dort u.a.: "Das Rittergut Annenwalde steht seit dem Frühjahr 1910 zum Verkauf. Da die wohlhabenden Erben bisher einen Liebhaberpreis gefordert haben sollen, ist dem Ankauf nicht näher getreten worden, trotzdem der Fiskus ein erhebliches Interesse an dem Erwerb hat. Die Gründe, die für den Ankauf des Gutes durch den Fiskus in erster Linie sprechen, sind die Enklaven des Gutes die mitten in der Königlichen Forst liegen."
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Das Gut war aber inzwischen an den Herrn Heinrich verkauft worden. (s. S. 39)
Damit war wohl zunächst der Ankauf des Gesamtgutes gescheitert. Aber auf den Brand hatte man noch immer nicht verzichtet. Die Finanzlage des derzeitigen Besitzers ließ da wohl auch einige Hoffnungen gerechtfertigt erscheinen. Jedenfalls gab es am 12.3.1914 einen Beschluß des Ministeriums für Landwirtschaft, Domänen und Forsten, der die Regierung in Potsdam ermächtigte, "den rund 135 ha großen Wald des Gutes Annenwalde, den sogenannten Brand, für den Preis von 220 000 Mark und die rund 1,8 ha große Havelablage am Langenwall für den Preis von 1 800 Mark unter den üblichen Bedingungen schulden- und lastenfrei für die Staatsforstverwaltung anzukaufen," Der Kaufvertrag wird dann tatsächlich, am 9.4.1914 abgeschlossen. Bis zur Zahlung des Geldes und zur Auflassung gibt es aber noch erhebliche Schwierigkeiten. Der Rechtsbeistand der Reicheschen Erben, Justizrat Heyer, hat gegen den Verkauf Einspruch erhoben. Diese Erben, Frau Oekonomierat Jaeger in Berlin-Charlottenburg, Frau Voigt in Lietzow und Frau Reiche in Kannawurf, sind mit dem Verkauf nur einverstanden, wenn ihnen ihre Hypotheken, die noch auf der Wirtschaft ruhen, vor der Auflassung ausgezahlt werden. Außerdem hat sich inzwischen herausgestellt, daß von den 14 Parzellen, aus denen der Brand nach dem Kataster bestand, 6 Wegeparzellen waren. Diese Wege waren entweder öffentlich oder gehörten der Forst. Am 2.5.1914 unterzeichnet Herr Heinrich vor einem Berliner Notar eine Vollmacht für den Rechtsanwalt und Notar Metger in Templin, für ihn alle erforderlichen Erklärungen abgeben zu dürfen und den Kaufpreis, der jetzt nur noch 215 000 Mark beträgt, in Empfang zu nehmen. Der Verkäufer ist auf der Reise nach Bad Kissingen, denn dort unterschreibt er am 9. Mai eine Verpflichtung, in der es heißt: "Ich habe an den kömigl. preußischen Fiskus vor kurzer Zeit den sogenannten Annenwalder Brand verkauft....Ich verpflichte mich, die voraufgeführten Wegeparzellen aus dem Gutsbezirk Annenwalde in den Gutsbezirk Alt Placht umgemeinden zu lassen....Ich bin damit einverstanden, daß der Forstfiskus bis zur Erfüllung meiner Verpflichtung
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3 000 Mark vom vereinbarten Kaufpreis zurückbehält." Der Kaufpreis war also immer noch nicht ausgezahlt, aber der Herr Gutsbesitzer brauchte das Geld, denn eine Badereise nach Bad Kissingen war auch nicht umsonst. Inzwischen hatte die Regierung in Potsdam dem Oberförster in Alt Placht mitgeteilt: "Gegen Ihre Absicht, auf Ersuchen des Herrn Heinrich das Kaufgeld an die Hypothe[k]engläubiger auszahlen zu lassen, haben wir nichts einzuwenden." Das ist dann auch geschehen, denn schon am 24.6.1914 erfolgt die Auflassung. Wie hoch die Hypotheken nun waren und ob das gesamte Kaufgeld dafür aufgewendet werden mußte, ist mir nicht bekannt. Am 6.1.1915 wird die Forstkasse in Lychen angewiesen, den noch einbehaltenen Rest des Kaufgeldes zu zahlen. Eine entsprechende Mitteilung erhält der "Königliche Hauptmann und Führer des 1. Rekrutendepots des Ersatzbataillons 20 Herr. W. Heinrich in Wittenberg."
Auf zweierlei möchte ich noch hinweisen. In dem Vermessungsregister von 1753 ist. der Brandt mit 288 Morgen, also rund 72 ha angegeben. Bei den Verkaufsverhandlungen wird mit 135 ha gerechnet. Auffällig ist auch der Preis. In dem Schreiben von 1911 wird der Waldbesitz des Gutes mit 160 ha genannt und der Wert mit 174 200 Mark geschätzt, während der Gesamtwert des Gutes (ohne Gebäude) mit 423 810 Mark beziffert wird. Herr Heinrich hat tatsächlich 500 000 Mark gezahlt. 3 Jahre später bringt der Brand allein 215 000 Mark, also fast die Hälfte des Wertes, den das Gut hat. Woraus zu ersehen ist, wie wichtig dem Forstfiskus der Besitz dieses Waldstückes war. Trotzdem ist die Forstverwaltung nicht zu kurz gekommen. Herr Revierförster i. R. Schröder, der von 1928 bis 1945 das Revier Densow verwaltete, zu dem auch der Brand gehörte, sagte mir 1971, daß der Kaufpreis durch den Erlös aus dem Einschlag in wenigen Jahren gedeckt worden sei.