Unser Dorfplatz Annenwalde, Vorwerk Annenwalde, Densow, Alt und Neu Placht
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2.2 Wirtschaftliche Entwicklung in Preußen im Merkantilismus unter Friedrich II.

In der Folge der Herrschaftsform des Absolutismus wurde die Wirtschaftspolitik des Merkantilismus bestimmend in Preußen. Die Herrscher im Absolutismus hatten einen riesigen Finanzbedarf. Sie mussten ihre stehenden Heere bezahlen, wo in der Vergangenheit nur Söldnerheere im Kriegsfall bezahlt werden mussten. Zusätzlich wurde die Verwaltung des Staates weiter ausgebaut, was mehr Beamte erforderte. Und nicht zuletzt erforderte das Selbstverständnis der Herrscher eine übertriebene repräsentative Hofhaltung. Alles dies benötigte erhebliche Geldmengen. Sie glaubten dies am leichtesten erreichen zu können durch eine positiv Leistungsbilanz. Durch eine gesteigerte Ausfuhr möglichst fertiger Waren bei gleichzeitiger Minimierung der Einfuhren sollte das Geld im Lande bleiben. Starkes Bevölkerungswachstum sollte das Lohnniveau niedrig halten und ein hohes Arbeitskräftepotential gewährleisten. Die Förderung des Handwerks und die Einführung von Manufakturen wurden Bestandteile der Politik. Manufakturen waren frühe Strukturen einer Industrialisierung und fassten in einer Produktionsstätte verschiedene Professionen oder spezialisierte Teilarbeiter des Handwerks zusammen, mit dem Ziel eines gemeinsamen Endproduktes. Beispiele für Manufakturen sind die Herstellung von Porzellan, Glas, Spirituosen, Kutschen, Kleidung, Stoffe, Uhren, Lederwaren und nicht zuletzt Uniformen und Waffen. Die zuvor eigenständigen Handwerksstände arbeiteten nun zentral und gemeinsam in einem Gebäude. Dadurch konnten auch die Handwerke in spezialisierte Teilbereiche aufgegliedert und nun nacheinander von entsprechend ausgebildeten Spezialisten ausgeführt werden. So fehlt jetzt dem Endprodukt die Individualität des Handwerks, doch gewinnt sie durch höhere Qualität und rationellere Fertigung. Hier zeigen sich frühe Formen eines Kapitalismus in der Umwandlung zur Industrialisierung.

Eine weitere Folge des Merkantilismus war der Einfluss auf den Transport und die Transportwege. Es mussten mehr Waren im Staat transportiert werden, da die Manufakturen eine Zentralisierung darstellten. Zusätzlich sollten ja auch die im Lande produzierten Waren exportiert werden.

Bis zum Ende des Mittelalters um 1500 n. Chr. waren die Geschwindigkeiten zum Reisen und zum Transport von Personen und Waren limitiert. Nach dem Ende des römischen Reiches mit seinem außerordentlichen Straßennetz war man auf den Verkehr zu Fuß mit 4 km/h und bei 10 Wegstunden auf eine tägliche Reichweite von maximal 40 km beschränkt. Bei längeren Reisen musste man sogar von einer Durchschnittsleistung von 20 km am Tag ausgehen, abhängig von der Güte der Wege und dem Profil der Reise in der Ebene oder im Gebirge. Bei Verwendung von Reit- oder Tragtieren wie Pferden oder Maultieren steigerte sich die Geschwindigkeit nur sehr bedingt. Die Geschwindigkeit ist mehr von der Qualität der Wege denn von der maximal verfügbaren Schnelligkeit abhängig. Zudem benötigen Tiere entsprechende Fress- und Ruhezeiten. Werden diese nicht eingehalten, muss mit einer Beeinträchtigung bis hin zum Gewichtsverlust gerechnet werden. Wie stark solche Überlegungen in die Betrachtungen von wirtschaftlichem Reisen mit einbezogen werden müssen, möchte ich noch mit einer eigenen Erfahrung aus meinem Beruf verdeutlichen. Ich war bei dem Wälzlagerhersteller SKF in Schweinfurt beschäftigt. In der Entwicklung der Kugellager, die gegenüber den früher verwendeten Gleitlager eine geringere Reibung aufweisen, hat man Anfang des 20. Jahrhunderts in Schweden einen Vergleichstest durchgeführt. Zwei zweispännige Pferdewagen, einer mit Gleitlager, Leder auf Holz , der andere mit modernen Kugellagern ausgerüstet, wurden auf eine zweiwöchige Reise durch Schweden gesandt. Die Bedingungen für beide wurden absolut gleich gehalten, besonders die Fütterung der Kaltblüter war vergleichbar. Nach Abschluss der Fahrt war der Gewichtsverlust der Tiere, die den gleitgelagerten Wagen gezogen hatten, signifikant größer als der den Kugellager bestückten. Dies kann als Beispiel gelten für eine technologische, innovative Verbesserung zu einem Fortschritt im täglichen Leben. Die Transportmöglichkeiten wurden entscheidend verbessert und das tägliche Leben wurde leichter. Die Erfindung der reibungsarmen Kugellager hatten noch viel weiter reichende Auswirkungen. So war das moderne Fahrrad mit Pedalantrieb, wie wir es auch heute noch kennen, nur durch das Kugellager ermöglicht worden. So wurden technische Neuerungen damals durchaus freudig begrüßt. Die Technolgieskepsis unserer Zeit ergab sich erst wesentlich später. Sie gründete auf den schlechten Erfahrungen wie den Auswirkungen der Atomtechnologie und der maßlosen Übertreibung des Individualverkehrs. Verstärkt wurde sie durch Skandale wie die Contergan-Tragödie. Hier machten exemplarisch die Auswüchse des unkontrollierten Kapitalismus auf sich aufmerksam.

Mit dem Beginn der Frühen Neuzeit ab 1500 n. Chr. verbesserten sich die Reisebedingungen nur langsam. Auch die damals zur Verfügung stehenden Postkutschen erreichten nur durchschnittlich 20 - 30 km pro Tag. Zum einen waren diese „Kutschen“ noch einfache Wagen ohne Federung und zum anderen waren die Wege und Straßen in einem sehr schlechten Zustand. Man musste jederzeit damit rechnen, in einem Schlammloch stecken zu bleiben oder eine durch Schlaglöcher verursachten Radbruch zu beheben. Um 1700 n. Chr. bestand in Preußen ein staatlich lizenziertes, privates Postwesen. 1712 wurde eine preußische Postordnung erlassen und 1715 wurde ein Postzwang installiert. Damit wurden bestimmte Sendung auf die staatlich Post festgelegt; d.h. ein staatliches Monopol wurde geschaffen. Mit dem Aufbau dieses Postwesens entstanden nach und nach auf den Postrouten sogenannte Poststraßen, die als Fernwege benutzt wurden. Die Mängel dieser Straßen waren offensichtlich und es dauerte lange bis die Politik auf diesem Gebiete aktiv wurde. Eine wirkliche geplante Verbesserung der Fernstraßen wurde in Preußen erst im 4. Quartal des 18. Jh. in Angriff genommen. Erst dann erzwang die wirtschaftliche Lage diese neuen Handelswege. Erst nach der vernichtenden Niederlage Preußens gegen das Napoleonische Frankreich am 14. Oktober 1806 bei Jena und Auerstedt wurden im Rahmen der allgemeinen Modernisierung des Staates auch der Bau von Kunststraßen oder Chausseen begonnen. Diese zeichneten sich durch eine gerade Streckenführung, mit Steinen befestigte gewölbte Straßenoberfläche, Entwässerungssysteme, beidseitige Baumbepflanzungen zum Sonnenschutz, einen parallel verlaufenen unbefestigten Sommerweg, sowie Wegzeichen (Meilensteine) zur Entfernungsbestimmung und als Richtungsanzeige aus. Diese Fernstraßen mit einer Breite von 8,80 Meter und parallelen Abwassergräben bestimmen auch heute noch das Erscheinungsbild unserer Land- und Fernstraßen.

Um 1750 waren solche Straßen noch weit entfernt. Der Landtransport war auf unbefestigte, dem Landschaftsprofil angepasste Wege angewiesen. Dementsprechend gering waren die Transportkapazitäten und Geschwindigkeiten. Für den Massentransport war man auf Gewässer, Seen und Flüsse, abhängig. Holz für den Haus- oder Schiffbau wurden in Flößen zusammengefasst, für die teilweise sogar Kanäle gebaut wurden. Speziell Länder wie die Niederlande, die zeitweise erhebliche Schiffsbaukapazitäten eingerichtet hatten, waren waren auf Holzlieferungen per Floß aus ganz Deutschland angewiesen. Aber auch andere Güter, wie in unserem Falle Glas, benutzten Wasserstraßen und Transportkähne. Später, Ende des 19. Jh. wurde dann Berlin aus dem Kahn heraus aus Ziegeln von Zehdenick aufgebaut.

Zu den von den preußischen Königen Friedrich Wilhelm I. und Friedrich des II. in der ersten Hälfte des 18. Jh. geförderten Manufakturen gehörten auch die Glashütten. Glas ist ein seit ungefähr dem 5. Jahrtausend bekannter Werkstoff, der relativ leicht hergestellt werden kann. Auf Grund seiner Eigenschaften findet er in einer Vielzahl Anwendungen seinen Einsatz.

 

So weit zur preußischen Wirtschaftspolitik in jener Zeit. Das Thema ist naturgemäß wesentlich komplexer, aber ich wollte mich auf einige Hauptthemen beschränken. Es ist aber möglich, dass ich es später noch einmal aufgreife und erweitere, wenn neuere Erkenntnisse dies sinnvoll erscheinen lassen.

 

Der nächste Anschnitt wird sich dann mit der Glasherstellung im allgemeinen und speziell in Brandenburg beschäftigen. Das ist ebenfalls ein sehr weit gefasstes Thema, das hier nur in komprimierter Form behandelt werden kann.

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